Cool Story! Vermittlung von Finanzwissen mit eduStories

Snapchat hat sie etabliert, mittlerweile gibt es sie auf fast jeder Social Media-Plattform: Stories. Dabei handelt es sich um Video- und Bildsequenzen mit einer Dauer von jeweils maximal 15 Sekunden, die für Nutzer als chronologische Slideshow 24 Stunden lang sichtbar sind. Nach Ablauf dieser Zeit werden sie automatisch gelöscht. Vor allem bei jungen Menschen sind Stories beliebt, unter anderem da sie besonders „snackable“ sind. Auf Basis dieses Prinzips versuchen sich die Bildungsagentur YAEZ, die Deutsche Bank und der Bundesverband deutscher Banken nun an der Vermittlung von Finanzwissen an Schulen. Im Rahmen unserer Kategorie „Best Practices“ haben wir die sogenannten eduStories zum Thema Geld und Finanzen unter die Lupe genommen.

Welche Apps sind fester Bestandteil von so gut wie jedem jungen Menschen? 82 Prozent aller Teenager in Deutschland geben an, dass Whatsapp für sie zu den wichtigsten Programmen auf dem Smartphone gehört. Fast die Hälfte nennt Instagram und immerhin 19 Prozent Snapchat.1 Die drei sind für die junge Generation die meistgenutzten Apps aus dem Kommunikationsbereich.2 Was alle drei gemeinsam haben? Die Funktion, eine beliebige Anzahl kurzer Video- und Bildsequenzen mit allen Kontakten für genau einen Tag zu teilen: Stories.

Privat werden Stories genutzt, um Momente des Alltags für eine große Anzahl an Freunden und Bekannten mit nur wenigen Klicks sichtbar zu machen. Solche Momente erscheinen wichtig genug, um geteilt zu werden, aber eben nicht relevant genug, um beispielsweise dauerhaft im Instagram-Feed sichtbar zu sein. Für Unternehmen stellen Stories einen wichtigen Touchpoint in allen Phasen der Customer Journey dar und erlauben kostengünstige markenbindende Interaktionen.3 Mit ihnen lassen sich Neuigkeiten zum Unternehmen oder zu Produkten und Dienstleistungen publizieren, Stimmungsbilder einholen oder über Frage-Sticker zur direkten Kontaktaufnahme wie etwa einem Anliegen oder Feedback auffordern. Influencer verbinden quasi das „Beste aus beiden Welten“ und nutzen Stories, um ihre Follower am Alltag teilhaben zu lassen sowie für umsatzgenerierende Werbemaßnahmen wie Product Placements. Bei so vielfältigen Einsatzmöglichkeiten stellt sich die Frage, ob Stories auch im Bildungsbereich denkbar sind.

Quelle: Laura Chouette / unsplash.com

Von den sozialen Medien in die Schule: eduStories

Dieser Fragestellung hat sich die Kommunikationsagentur YAEZ GmbH angenommen, als sie eduStories ins Leben gerufen hat. eduStories sind digitale Lernmodule mit spielerischem Charakter, die in Anlehnung an Social Media-Stories gestaltet sind. Interaktive Elemente wie Quiz-Fragen und Schieberegler sollen Teenager beim Lernen motivieren und dabei unterstützen, neues Wissen zu verinnerlichen. eduStories bedienen sich der Lebenswelt der Jugendlichen und nutzen so den Vorteil, für die Zielgruppe intuitiv bedienbar zu sein. Wie Social Media-Stories sind eduStories für das Smartphone konzipiert und können so von überall bearbeitet werden – im Unterricht, zuhause oder unterwegs.

Eine eduStory kann in etwa 10-15 Minuten bearbeitet werden. Der Aufbau einer Lerneinheit bedient sich in etwa den folgenden Elementen:

    1. Eisbrecher: Einführung in den Themenschwerpunkt der jeweiligen Lerneinheit. Das kann etwa mit Hilfe einer Frage- oder Problemstellung geschehen, mit welcher die Jugendlichen Zugang zur Thematik finden.
    2. Einleitung: Mithilfe eines konkreten Beispiels wird das Vorwissen der Jugendlichen aktiviert und die Relevanz des Themas aufgezeigt.
    3. Erwerb von neuem Wissen: Kurze Erklärvideos und Texte vermitteln Stück für Stück neues Wissen.
    4. Wissensfragen und Transfer: Das neu erlangte Wissen wird mithilfe spielerisch aufbereiteter Fragen und Aufgaben abgefragt. Teilweise müssen Jugendliche dafür Querbezüge herstellen.
    5. Reflexion: Das neu erlernte Wissen wird zusammengefasst und in Zusammenhang mit der Frage- oder Problemstellung vom Anfang gebracht.

Die interaktiven Elemente, bei denen Erfahrungen und Wissen der Jugendlichen gefragt werden, können dem Bereich Gamification zugeordnet werden. Bei der Gamification beziehungsweise dem Game-based Learning werden Prinzipien, die aus (Computer-)Spielen bekannt sind, in spielfremde Kontexte implementiert.4 Gamification zielt dabei auf eine interessante Gestaltung von ansonsten eher unangenehmen oder langweiligen Aufgaben ab.

eduStories und finanzielle Allgemeinbildung

Die Deutsche Bank hat sich gemeinsam mit dem Bundesverband deutscher Banken und der Bildungsagentur YAEZ der finanziellen Allgemeinbildung von Jugendlichen mithilfe von eduStories unter dem Motto “So geht Geld” angenommen.5 Dabei sollen Wirtschafts- und Finanzthemen fachlich fundiert und alltagsbezogen vermittelt werden. Die Inhalte stellen dabei ganz unabhängige Informationen und Tipps dar. Es stehen insgesamt neun Lernmodule zur Verfügung, von denen sich die ersten sechs an Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I richten. Die weiteren drei Module beinhalten volkswirtschaftliche Basiskenntnisse und werden für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II empfohlen. Die Lernmodule können alleinstehend bearbeitet werden oder aber von Mitarbeitern der Deutschen Bank in Zusammenarbeit mit Lehrkräften auf Schulanfrage als ganze Unterrichtsstunden aufbereitet werden.

Basismodule 1-6 (Sekundarstufe I)

  1. Thema: Geld und Geschichte
  2. Thema: Sparen und Anlegen
  3. Thema: Kredite und Finanzierung
  4. Thema: Rente und Vorsorge
  5. Thema: Umgang mit Geld
  6. Thema: Konten und Karten

Zusatzmodule (Sekundarstufe II):

  1. Thema: Wirtschaftskreisläufe
  2. Thema: Bankensystem
  3. Thema: Globales Finanzsystem

Screenshots aus dem Modul 2: Sparen und Anlegen

Alle neun eduStories sind über die Webseite von eduStories verfügbar und auf Smartphone, Tablet und PC spielbar.

Fazit

Das Konzept, junge Menschen mithilfe einer interaktiven Darstellungsform zu erreichen, die sie aus ihrem alltäglichen Medienkonsum kennen und schätzen, ist vielversprechend. An der Umsetzung hapert es stellenweise noch: Gamification sollte stets als ganzheitlicher Ansatz verstanden werden. In der Literatur wird davor gewarnt, simple Mechanismen wie Points und Badges einzusetzen, ohne diese einem größeren Ziel unterzuordnen.6 Hier besteht teilweise noch Verbesserungsbedarf:

  • Das System gibt nach Bearbeitung der Aufgabentypen Entweder / Oder sowie Single und Multiple Choice eine Rückmeldung aus, ob diese richtig beantwortet wurden. Dieser Gedanke könnte in Form eines kompetitiven oder kooperativen Score-Systems auf individueller oder Team-Basis fortgeführt werden.7 Möglich wären beispielsweise Wettbewerbe zwischen Klassen über die verschiedenen Module hinweg. Dies würde den Anreiz für Aufmerksamkeit und Anstrengung heben.
  • Das freie Formulieren einer Antwort in Textfeldern erscheint überflüssig, da die abgegebenen Antworten nicht ausgewertet werden. Nutzer erhalten kein Feedback zu den abgegebenen Antworten und sie werden auch nicht an einem späteren Punkt der Story aufgegriffen. Der Anreiz, sich Gedanken über eine schlüssige und richtige Antwort zu machen, geht schnell verloren.
  • Ebenso überflüssig wirkt der Schieberegler. Dieser kommt häufig am Ende der Module mit der Frage „Wie informiert fühlst du dich nun?“ zum Einsatz – letztlich ist die gefühlte Informiertheit der Nutzerin oder des Nutzers aber egal. Sinnvoll wäre hier beispielsweise eine Übersicht über das behandelte Wissen, in welcher man noch einmal zu bestimmten Lektionen zurückspringen kann, falls eine Informiertheit unter einem vorab definierten Sollwert eingegeben wird.

Insgesamt aber handelt es sich um eine zielgruppengerechte und kurzweilige Art der Wissensvermittlung. Grundsätzlich haben eduStories großes Potenzial, Schülerinnen und Schüler spielerisch zu motivieren, den Einstieg in vermeintlich träge Themen zu finden.

Referenzen:

  1. Vgl. Feierabend et al. (2020), JIM-Studie 2020: Jugend, Information Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Herausgeber: mpfs, Stuttgart. S. 37. Anmerkung: Bis zu drei Nennungen möglich.
  2. Ebd., S. 40.
  3. Vgl. Kleinjohann, Reinecke (2020), Marketingkommunikation mit der Generation Z – Erfolgsfaktoren für das Marketing mit Digital Natives. Springer Gabler, Wiesbaden, S. 36 f.
  4. Vgl. Deterding et al. (2011), Gamification – Using game-design elements in non-gaming contexts. S. 2425. In: Desney Tan, Saleema Amershi, Bo Begole, Wendy A. Kellogg und Manas Tungare (Hg.): Proceedings of the 2011 annual conference extended abstracts on Human factors in computing systems – CHI EA ‚11. the 2011 annual conference extended abstracts. Vancouver, BC, Canada, 07.05.2011 – 12.05.2011. New York, New York, USA: ACM Press, S. 2425–2428.
  5. Vgl. Deutsche Bank AG (o.J.), So geht Geld! Finanzielle Allgemeinbildung im Unterricht. Hier abrufbar. Zuletzt abgerufen am 18.02.2021.
  6. Vgl. Morschheuser et al. (2017), How to gamify? A method for designing gamification. S. 1304. In: Proceedings of the 50th Hawaii International Conference on System Sciences, S. 1298-1307.
  7. Hierbei bestehen Hinweise darauf, dass sich vor allem kompetitive Ansätze auf Team-Basis auf die Motivation auswirken, vgl. Morschheuser et al. (2019), Cooperation or competition – When do people contribute more? A field experiment on gamification of crowdsourcing. In: International Journal of Human-Computer Studies, Vol. 127, S. 7-24.
Quelle Titelbild: Laura Chouette / unsplash.com

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